Françoise Goupil ou la femme Hébert
Unter
den Verurteilten des 24 Germinal II (13. April 1794) interessiert
mich seit längerem, neben Anaxagoras Chaumette, die Person der Witwe
Héberts. (Lucile Desmoulins, ben, die kennt man ja.) Nun, in den
letzten Tagen und Dank der andauernden Fortschritte, was den Zugang
zu neuen Internetquellen angeht, habe ich ein wenig zu ihrem
Schicksal recherchiert, und voilà mein Ergebnis:
Marie-Marguerite-Françoise
Goupil wird 1756, wahrscheinlich im Januar, in Paris geboren. Ihr
Vater handelt mit Wäsche („marchand de lingerie“) und stirbt
kurz nach der Geburt seiner Tochter. Françoises Mutter, Marie-Louise
Morel, seine zweite Frau, führt seinen Handel weiter und stirbt
1781. Françoise wird im couvent de la Conception in der rue
Saint-Honoré erzogen. In diesem Kloster war es auch, wo sie den
Schleier und den Namen einer „Schwester der Vorsehung“ annahm.
Über den Zeitpunkt, wann dies war, gibt es unterschiedliche
Ansichten. Einige nehmen an, erst nach dem Tod ihrer Mutter sei
Françoise Nonne geworden; Hébert selber schreibt über seine
Zukünftige, sie habe „bis jetzt ihr ganzes Leben im Konvent
verbracht“, was wohl auch eher der Wahrheit entspricht.
Revolutionärer Frauenclub |
Hébert |
Obwohl
sie das Kloster verlassen hat, bewahrt Françoise ihren christlichen
Glauben, eine Tatsache, die Hébert offenbar zu rechtfertigen glaubt,
denn in Briefen stellt er sie bisweilen direkt als „sehr
spirituelle“ Frau vor: „Sie hat sich viel Frömmigkeit bewahrt,
und da ich sie zärtlich liebe, setze ich dies bezüglich keinesfalls
unter Druck, sondern beschränke mich schlicht auf einige Scherze.“
Tatsächlich hängt, laut einem Freund und Besucher des Paares,
Desgenettes, an der Wand ein Stich, der Jesus Christus in Emmaus
zeigt. Hébert hatte eine Bemerkung darunter geschrieben: „Der
Sansculotte Jesus isst mit zwei seiner Schülern im Schloss eines
Ehemaligen zu Abend.“
Das Wohnhaus der beiden |
Ein Jahr nach der Hochzeit, am 7. oder 8. Februar 1793, bringt Françoise die
gemeinsame Tochter, Scipion-Virginie, zur Welt. Dies ist vielleicht
auch der Grund, warum man aus dem Jahr, welches das letzte ihres
Lebens sein wird, nicht mehr viel berichten kann.
Wenige Stunden nach ihrem Mann wird sie im März 1794 festgenommen. Nach dessen Hinrichtung am 24. März fragt sie bei Gericht an, ob sie zu ihrer Tochter zurückkehren dürfe, erhält aber keine Antwort. Anfang April bekommt sie Gesellschaft: Lucile Desmoulins, die Gattin des Mannes, der den ihren auf die Guillotine bringen half. Die beiden Frauen, die 15 Jahre trennt, freunden sich an und finden sich am selben Tag vor Gericht wieder. Nach der Verurteilung erklärt sich die schluchzende, verwirrte Françoise im dritten Monat schwanger, eine Erklärung,
der allerdings von Offizieren und der Hebamme des Gefängnisses
widersprochen wird. So sitzt sie denn am 24. Germinal zusammen mit
der Witwe Desmoulins, mit der sie sich im Gefängnis angefreundet
hatte, im Wagen zur Guillotine. Nach einigen Zeugnissen hätten die
beiden, gleichgültig ihrem Schicksal gegenüber, miteinander
geplaudert. Nach anderen ist sie mehr tot als lebendig und muss mehr
oder weniger aufs Schafott getragen werden.
Scipion-Virginie
wird von einem Halbbruder ihrer Mutter und nach dessen Tod von einer Pflegefamilie erzogen, später wird sie Lehrerin und
stellvertretende Rektorin an einer Schule, heiratet mit 16 Jahren einen
evangelischen Pfarrer und stirbt am 11. Juli 1830. Ihre Nachkommen sterben ohne Kinder, sodass die Linie Hébert/Goupil mit deren Enkeln erlischt.
Quellen:
- Paul
d' Estrée: Le
Père Duchesne: Hébert et la commune de Paris (1792-1794). Paris
1908
- Jacques-René
Hébert/ Peter Priskil: Den Papst an die Laterne, die Pfaffen in die
Klapse! Schriften
zu Kirche und Religion 1790-1794. Freiburg 2003
- Camille
Naish: Death
Comes to the Maiden: Sex and Execution, 1431-1933. New York 1991
- Marina
Grey: Hébert. Le "Père Duchesne" agent royaliste, Paris
1983.
- François Wartelle: "Société Fraternelle des Patriotes de l'un et l'autre Sexe", in: Albert Soboul: Dictionnaire historique de la Révolution française. Paris 1989
- François Wartelle: "Société Fraternelle des Patriotes de l'un et l'autre Sexe", in: Albert Soboul: Dictionnaire historique de la Révolution française. Paris 1989
- http://www.forum-politique.org/histoire/jacques-rene-hebert-t105327.html
- G. Lenotre: La Mère Duchesne, online auf http://www.andreversailleediteur.com/?bibv=97
- G. Lenotre: La Mère Duchesne, online auf http://www.andreversailleediteur.com/?bibv=97
Ich finde es doch immer wieder erstaunlich, was das Internet alles möglich macht, so viel über eine Person herauszufinden, die in zugänglichen Büchern womöglich nur mal am Rande erwähnt wird.
AntwortenLöschenAbgesehen davon, dass Francoise Goupil einmal Nonne war und wohl auch später noch recht fromm, was ja nichts verwerfliches ist, hatte sie durchaus ein interessantes Leben als engagierte Patriotin und Frau eines Revolutionärs, was dann aber jäh endete...traurig, traurig...damals endeten viele Leben, sehr viele....