La Révolution des Femmes
Die klassische Geschichtsschreibung, geprägt von der Tradition der "Geschichte großer Männer" neigt sehr dazu, die Rolle derjenigen zu vernachlässigen, die nicht die Rechte oder die Möglichkeit hatten, auf dieselbe Weise Geschichte zu machen wie die Großen Männer, also all jene, die weder Kaiser und Könige, noch Minister, noch Parlamentarier waren. Des ungleich größeren Einflusses ungeachtet, den die offiziellen Helden der Historiographie zweifellos verzichten, sind sie jedoch längst nicht die einzigen Akteure (!) der Vergangenheit. Die demokratische Arbeiterbewegung hat seit dem 19. Jahrhundert ganze Arbeit geleistet, herauszustellen, welche zentrale Rolle "das Volk", die einfachen Menschen an fast allen Meilensteinen der Geschichte gespielt hat. Die Rolle der Frauen, die oftmals, aber eben nicht immer mit der des Volkes verknüpft ist, wird insbesondere seit den 1970er Jahren herausgearbeitet. Die feministische Geschichtsschreibung wird dabei nicht müde, darauf hinzuweisen, dass die Französische Revolution ja eigentlich des Frauen übel mitgespielt habe, indem sie sie so gründlich aus dem Prozess der politischen Willensbildung herauskatapultiert hat. Zu recht, denn es ist unleugbar, dass im revolutionären Frankreich erstmals (nach den USA) aufgezeigt wurde, dass ein demokratisches Staatswesen diesen Namen auch dann verdient, wenn es auf die Hälfte und mehr der erwachsenen Bürger_innen verzichtet.
Diese Lesart ist aber an einer Stelle problematisch: Wir sind es heute gewohnt, als echt bürgerliche Liberale unter "politischen Rechten" fast ausschließlich das Wahlrecht und das Repräsentationsrecht zu verstehen. Tatsächlich gab und gibt es sehr viel mehr Räume politischer Partizipation, die damals Frauen wie Männer offenstanden, und die umso intensiver genutzt wurden, je geringer die Repräsentation in den höchsten Schichten der Politik war. Frauen reichten Petitionen ein, nahmen an Demonstrationen und politischen Kundgebungen teil, diskutierten in politischen Clubs und sprachen gar in ausschließlichen Männerclubs (Jakobiner). Sie besuchten die Sitzungen des Parlament und kommentierten die Debatten. Sie gaben Zeitungen, Pamphlete und Bücher heraus, bildeten sich im Wettbewerb der Ideale eine eigene Meinung und vertraten sie lautstark. Sie nutzten ihre Rolle als Hausfrau, um ökonomische Missstände und politisches Versagen anzuprangern, waren an vorderster Front in Aufständen gegen die Monarchie und ein reaktionäres Parlament beteiligt. Nicht selten ergriffen sie die Waffe, um für ihre Überzeugungen einzutreten. Viele von ihnen kamen aus den unteren Schichten, sie sind heute weder namentlich bekannt noch konnten sie damals vielleicht ihren Namen schreiben. Ihre Lebensgeschichte zu rekonstruieren ist mühselig oder sogar unmöglich, in jedem Fall bleibt sie lückenhaft.
Ich habe ein paar biographische Notizen von Frauen aus der Französischen Revolution gesammelt. Den Frauen ist gemeinsam, dass sie sich in besonderer Weise engagiert haben, über das Maß hinaus, was für die damalige Zeit "schicklich" war oder wir heute als für die damalige Zeit "schicklich" unterstellen würden. Nicht alle waren ausgesprochen radikal, aber alle begrüßten die Revolution als Hoffnung der Freiheit. Auch waren nicht alle unter ihnen überzeugt, dass Frauen überhaupt eine politische Rolle spielen sollten, selbst wenn sie es selber doch taten. Nicht alle waren Französinnen, aber alle lebten zum Zeitpunkt der Revolution auf französischem Boden (oder auch im republikanischen Mainz). Und alle von ihnen trugen etwas Eigenes zur Geschichte bei.
Die eher kleine Auswahl herausragender Frauen soll stellvertretend stehen für die vielen Frauen, die damals mit derselben Selbstverständlichkeit ins Licht traten, mit der sie bis heute in den Schatten gestellt werden.
Diese Lesart ist aber an einer Stelle problematisch: Wir sind es heute gewohnt, als echt bürgerliche Liberale unter "politischen Rechten" fast ausschließlich das Wahlrecht und das Repräsentationsrecht zu verstehen. Tatsächlich gab und gibt es sehr viel mehr Räume politischer Partizipation, die damals Frauen wie Männer offenstanden, und die umso intensiver genutzt wurden, je geringer die Repräsentation in den höchsten Schichten der Politik war. Frauen reichten Petitionen ein, nahmen an Demonstrationen und politischen Kundgebungen teil, diskutierten in politischen Clubs und sprachen gar in ausschließlichen Männerclubs (Jakobiner). Sie besuchten die Sitzungen des Parlament und kommentierten die Debatten. Sie gaben Zeitungen, Pamphlete und Bücher heraus, bildeten sich im Wettbewerb der Ideale eine eigene Meinung und vertraten sie lautstark. Sie nutzten ihre Rolle als Hausfrau, um ökonomische Missstände und politisches Versagen anzuprangern, waren an vorderster Front in Aufständen gegen die Monarchie und ein reaktionäres Parlament beteiligt. Nicht selten ergriffen sie die Waffe, um für ihre Überzeugungen einzutreten. Viele von ihnen kamen aus den unteren Schichten, sie sind heute weder namentlich bekannt noch konnten sie damals vielleicht ihren Namen schreiben. Ihre Lebensgeschichte zu rekonstruieren ist mühselig oder sogar unmöglich, in jedem Fall bleibt sie lückenhaft.
Ich habe ein paar biographische Notizen von Frauen aus der Französischen Revolution gesammelt. Den Frauen ist gemeinsam, dass sie sich in besonderer Weise engagiert haben, über das Maß hinaus, was für die damalige Zeit "schicklich" war oder wir heute als für die damalige Zeit "schicklich" unterstellen würden. Nicht alle waren ausgesprochen radikal, aber alle begrüßten die Revolution als Hoffnung der Freiheit. Auch waren nicht alle unter ihnen überzeugt, dass Frauen überhaupt eine politische Rolle spielen sollten, selbst wenn sie es selber doch taten. Nicht alle waren Französinnen, aber alle lebten zum Zeitpunkt der Revolution auf französischem Boden (oder auch im republikanischen Mainz). Und alle von ihnen trugen etwas Eigenes zur Geschichte bei.
Die eher kleine Auswahl herausragender Frauen soll stellvertretend stehen für die vielen Frauen, die damals mit derselben Selbstverständlichkeit ins Licht traten, mit der sie bis heute in den Schatten gestellt werden.
Daten: ?? - ??
Beruf: Obsthändlerin
Familie: ?
Partei: Volk, Sansculottin
Bekannt für: Eine der Anführerinnen der Journées am 5./6.10.1789 und 10.8.1792; später Angestellte der Commune, dort für die Versorgung des Volkes mit Lebensmitteln zuständig; wurde von der Commune de Paris mit einem Säbel dekoriert.
Siehe auch: Thérèse Caval, Élisabeth Taneron
Daten: 30./31.7.1767 - 4.2.1834
Beruf: Sängerin, Komponistin, Schauspielerin, Bühnenautorin
Familie: verh. mit 1. Delaroche, 2. Simons, 3. Périé
Partei: Abolitionistin, Girondistin
Bekannt für: "Wunderkind" am Hammerklavier, Sängerin und Schauspielerin, u.a. in einem Drama gegen Sklaverei von O. Gouges. Star der "Freunde der Schwarzen" und Freundin fortschrittlicher Abgeordneter, progressiv-kritische Bühnenautorin.
Name: Anne-Félicité Colombe
Daten: ?? - ??
Beruf: Verlegerin, Eigentümerin der Druckerei "Henri IV"
Familie: ?
Partei: Cordelière, Enragée
Bekannt für: Verlegerin der radikalen Zeitungen "L'Ami du Peuple" (Marat) und "L'Orateur du Peuple" (Fréron), als solche musste sie sich und ihre Druckpressen mehrmals gegen Übergriffe seitens der Polizei verteidigen. Sie war Mitglied der Gesellschaft Revolutionärer Republikanischer Bürgerinnen.
Name: Marie-Thérèse Figueur, gen. "Madame Sans-Gêne"
Daten: 17.1.1774 – 4.1.1861
Beruf: Soldatin, Restaurantbesitzerin
Familie: Mehrmals verheiratet.
Partei: Frankreich
Bekannt für: Geachtete und dekorierte Soldatin der Revolutions- und Napoleonischen Armee, kämpfte in Toulon, Austerlitz, Jena und Waterloo. Wurde mit dem Kreuz der Ehrenlegion ausgezeichnet. Kämpfte (anders als viele andere Frauen ihrer Zeit) nicht als Mann verkleidet, sondern "regulär" als Frau.
Siehe auch: Marie-Angélique-Joséphine Duchemin, Virginie Ghesquire, Marie Schellinck, Théophile und Félicité Fernig.
Name: Olympe de Gouges, eigtl. Marie Gouze
Daten: 7.5.1748 – 3.11.1793
Beruf: Schriftstellerin, Kurtisane
Familie: Verwitwet, ein Sohn
Partei: Feministin, konstituelle Monarchistin, gemäßigte Girondistin
Bekannt für: Eine der bekanntesten und hartnäckigsten Kritikerinnen patriarchalischer Politik; forderte unbedingte Gleichberechtigung der Geschlechter, auch in der Politik; bekannt für ihre "Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin".
Name: Marie Louise-Sophie de Grouchy-Condorcet
Daten: 1764-8.9.1822
Beruf: Salonnière
Familie: Verheiratet mit Condorcet, eine Tochter
Partei: Liberale, Feministin
Bekannt für: Unter ihrem Einfluss sprach sich Condorcet für politische Rechte für Frauen aus; Übersetzerin von u.a. Thomas Paine und Adam Smith.
Siehe auch: Germaine de Staël, Stéphanie Félicité de Genlis
Name: Louise-Félicité Kéralio
Daten: Jan. 1757 – 3.12.1821
Beruf: Redakteurin, Schriftstellerin, Historikerin
Familie: Verheiratet mit F. Robert
Partei: Republikanerin, Jakobinerin
Bekannt für: Erste Frau an der Akademie von Arras, gab eine 14-bänd. Anthologie frz. Schriften von Frauen heraus. Während der Revolution wichtige Verlegerin jakobinischer Zeitungen, zog sich nach der Hochzeit zunehmend aus der Politik zurück, denn sie lehnte politische Partizipation von Frauen ab.
Name: Claire Lacombe, gen. „Rote Rosa“
Daten: 4.8.1765 – ??
Beruf: Schauspielerin
Familie: -
Partei: Enragée
Bekannt für: Radikale Demokratin und Feministin, unterschrieb sie die Petition auf dem Champ de Mars am 17.7.1791;
Gründerin der "Societé des Citoyennes Républicaines Revolutionnaires"
Name: Sophie Lapierre
Daten: ?? - ??
Beruf: Lehrerin, Näherin, Sängerin
Familie: ?
Partei: Frühsozialistin
Bekannt für: Mitglied der Verschwörung für die Gleichheit, sie sang revolutionäre Lieder, die die Ideen der Verschwörung zum Inhalt hatten, um analphabethe Anhänger_innen zu gewinnen.
Name: Anne-Pauline Léon
Daten: 28.9.1768 – 5.10.1838
Beruf: Schokoladenherstellerin
Familie: Verheiratet mit T. Leclerc
Partei: Enragée
Bekannt für: Radikale Demokratin und Feministin, Gründerin der "Societé des Citoyennes Républicaines Revolutionnaires"
Name: Etta-Lubina-Johanna Palm-Aelders
Daten: 1743 – 28.3.1799
Beruf: Salonnière
Familie: verheiratet mit C. Palm, getrennt lebend
Partei: Feministin, gemäßigte Girondistin
Bekannt für: „Discours sur l'injustice des Loix en faveur des Hommes, au dépense des Femmes“, 30.12.1790 in der Nationalversammlung. Setzte sich für die politischen Rechte von Frauen ein.
Siehe auch: Thérèsa Tallien
Name: Jeanne-Marie „Manon“ Roland
Daten: 17.3.1754 - 8.11.1793
Beruf: Salonnière
Familie: verheiratet mit Jean-Marie Roland, eine Tochter namens Eudora.
Partei: Republikanerin, Girondistin
Bekannt für: In ihrem Salon trafen sich die führenden Demokraten der jungen Revolution, später vor allem die Anhänger_innen der Gironde, deren politische Position von Mme Roland, der "Seele der Girondisten" maßgeblich beeinflusst wurde.
Siehe auch: Pauline de Beaumont
Name: Caroline Albertina Michaelis-Schelling
Daten: 2.9.1763 – 7.9.1809
Beruf: Schriftstellerin, Übersetzerin
Familie: Verheiratet: 1. Wilh. Böhmer +1788; 2. August Wilhelm Schlegel (gesch. 1803); 3. Friedrich Schelling. Eine Tochter (Auguste Böhmer).
Partei: Demokratin
Bekannt für: Ließ sich als Anhängerin der Französischen Revolution 1792/93 in der Mainzer Republik nieder; wurde deswegen verhaftet und verfolgt; zog schließlich nach Jena, wo sie mit Schlegel Werke Shakespeares übersetzte und Zentrum eines literarisch-philosophischen Salons wurde.
Name: Anne-Josèphe Thèroigne, auch Terwagne, gen. „Théroigne de Méricourt“
Daten: 13.08.1762 – 8.6.1817
Beruf: Kammerzofe, Kokotte, Sängerin
Familie: -
Partei: Cordelière
Bekannt für: Begeisterte Anhängerin der Revolution, aufgrund dessen in ihrer niederländisch-österreichischen Heimat verfolgt; nahm am Tuileriensturm (10.8.1792) teil; forderte das Recht auf Bewaffnung für Frauen; aufgrund späterer Sympathien für Brissot von radikalen Jakobinerinnen öffentlich ausgepeitscht; verstarb in der Psychiatrie.
Name: Helen Maria Williams
Daten: 1761 od. 1762 – 1827
Beruf: Dichterin, Schriftstellerin, Übersetzerin
Familie: -
Partei: Republikanerin, Girondistin
Bekannt für: Schrieb Gedichte gegen die Ausbeutung Südamerikas durch Europa sowie gegen die Sklaverei, lebte als begeisterte Anhängerin der Revolution 1791/92-1794 in Frankreich (inklusive Gefängnis), von wo sie Berichte zu den Geschehnissen verfasste; bereiste die Schweiß und die Niederlande; galt als "wilde Anarchistin".
Name: Mary Wollstonecraft, gen. "Hyäne in Unterröcken"
Daten: 27.4.1759 – 10.9.1797
Beruf: Schriftstellerin, Philosophin
Familie: Tochter Fanny mit G. Imlay, verh. mit W. Godwin, mit ihm Tochter Mary ("Frankenstein")
Partei: Feministin, Republikanerin
Bekannt für: Nach Ausbruch der Revolution bereiste die Romanschriftstellerin Frankreich, wo sie eine "Verteidigung der Rechte der Frau" verfasste, die ihr berühmtestes Werk wurde; sie verfasste überdies eine Geschichte der Französischen Revolution und einen vielbeachteten Reisebericht aus Skandinavien.
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